Bargeld-Tracking in Europa und der Schweiz: Methoden, Akteure und Zukunftsaussichten

Bargeld-Tracking bezeichnet die lückenlose Erfassung und Auswertung einzelner Banknoten-Seriennummern, um ihren Umlauf, ihre Transportwege und ihren Verbleib nachzuvollziehen. Jede Banknote erhält so eine Art digitalen Fingerabdruck, mit dem Ermittlungsbehörden, Finanzinstitute und Wissenschaftler Transaktionen und Bargeldströme untersuchen können.

Was ist Bargeld-Tracking?

Mit Bargeld-Tracking wird jede einzelne Banknote anhand ihrer 16-stelligen Seriennummer verfolgt. Scanner in Geldautomaten, Sortierzentren und Zählmaschinen lesen diese Nummern automatisch ein. Die gesammelten Daten ermöglichen Rückschlüsse auf Herkunft und Weg von Scheinen und helfen, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und organisierte Kriminalität zu bekämpfen.

Einsatz in der EU

In vielen EU-Staaten sammeln Strafverfolger Seriennummern bei schweren Delikten wie Entführungen oder Banküberfällen. Schon bei der Peter-Lorenz-Entführung in den 1970er-Jahren wurden markierte Scheine verfolgt, um Lösegeldzahlungen nachzuvollziehen. Heute werden solche Daten in nationalen Datenbanken und im Schengener Informationssystem abgeglichen, um grenzüberschreitend Täternetzwerke zu identifizieren.

Zentralbanken und Aufsichtsbehörden betreiben eigene Cash-Center, in denen Banken und Geldtransportunternehmen jede eingehende Banknote automatisch scannen. Spezielle Softwaresysteme prüfen die Nummern in Echtzeit gegen Fahndungslisten und lösen bei Treffern sofort Alarm aus.

Bargeld-Tracking in der Schweiz

In der Schweiz erfassen Strafverfolgungsbehörden verdächtige Scheine selektiv und gleichen sie in der Interkantonalen Erkennungs- und Arrestdatenbank (IENA) ab. Die Schweizerische Nationalbank testet seit 2023 in Zusammenarbeit mit Kantonalbanken Pilotversuche, bei denen Seriennummern in Zähl- und Sortierzentren automatisiert erfasst werden. Ziel ist die bessere Steuerung des Bargeldumlaufs und die Optimierung von Nachdruckzyklen.

Private Geldtransportunternehmen wie SIX Group und Loomis Schweiz nutzen ebenfalls Sortiermaschinen, die jede Banknote digital dokumentieren. So lassen sich gestohlene oder gesuchte Scheine schnell identifizieren, sobald sie wieder auftauchen.

Technische Umsetzungsansätze

  • Automatisches Seriennummern-Scanning in Cash-Centern und Sortiermaschinen, das während routinemässiger Bargeldabwicklung alle eingehenden Scheine digital erfasst.
  • Echtzeit-Abgleich mithilfe von Softwarelösungen, die lokale Fahndungslisten per Remote-Update importieren und bei Treffern Alarmmeldungen erzeugen.
  • Citizen-Science-Plattformen wie EuroBillTracker, auf denen Nutzerinnen und Nutzer freiwillig Seriennummern und Fundorte ihrer Scheine eintragen und so statistische Auswertungen zum Umlaufverhalten erstellen.

Zukunft des Bargeldes: Ende der Anonymität

Durch die fortschreitende Vernetzung von Seriennummerndaten mit Zahlungsinformationen büsst Bargeld seine vollständige Anonymität ein. Bewegungsprofile einzelner Scheine können mit Transaktionsmustern verknüpft werden und Rückschlüsse auf persönliche Zahlungsgewohnheiten ermöglichen. Datenschützer fordern deshalb strikte Zweckbindung, Löschfristen und anlassbezogene Erfassung, um das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren.

Praxistipp

Beziehen Sie Bargeld am Schalter Ihrer kleinen Regionalbank in der Schweiz. Dort erhalten Sie meist frische Scheine ohne umfangreiche Seriennummern-Erfassung in grossem Stil und bewahren vorläufig weitgehend Ihre Anonymität.

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